Baufinanzierung bei Filialbanken:
Beratungsschwächen durch hohe Nachfrage?

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Ausgerechnet für die Ermittlung des Finanzierungsbedarfs ihrer Kunden nehmen sich die Berater in den Bankfilialen vor Ort nicht ausreichend Zeit. Um die Immobilienfinanzierung optimal auf die Bedürfnisse und die Lebenssituation ihrer Kunden abzustimmen, müssen die Institute deutlich nachbessern, ergab eine Analyse der Beratungsqualität bei acht Filialbanken im Auftrag der WirtschaftsWoche.

Hamburg, 18.06.2015

Die Nachfrage nach Immobilien und einer damit einhergehenden Finanzierung ist aufgrund des langanhaltend niedrigen Zinsniveaus der vergangenen Monate deutlich gestiegen. In Erwartung eines baldigen Zinsanstiegs könnte diese Nachfrage sogar kurzfristig anziehen. Da die Finanzierung einer Immobilie für viele Menschen die größte Investition ihres Lebens darstellt, ist eine umfassende, kompetente Beratung unerlässlich. Die Baufinanzierung muss dabei optimal auf die individuelle Lebenssituation des Kunden abgestimmt werden, um langfristig tragfähig zu sein.

Im Auftrag der WirtschaftsWoche analysierte SWI FINANCE zwischen März und Mai 2015 die Baufinanzierungsberatung der sechs größten bundesweit aktiven Filialbanken sowie der größten Sparkasse und Volksbank. Im Fokus der Analyse standen die Beratungsqualität in den Filialen vor Ort sowie die Bearbeitung von Anfragen über die Kontaktkanäle Telefon und E-Mail.

In den ausführlichen Gesprächen vor Ort überzeugten die Mitarbeiter zwar durch Fachkenntnisse und Beratungskompetenz. Als Schwachstelle stellte sich jedoch die Ermittlung des Finanzierungsbedarfs heraus, die die Basis einer kundenorientierten Beratung bilden muss.
Die Überprüfung der dauerhaften Tragbarkeit einer Finanzierung ist gerade bei solch langfristigen Entscheidungen wie einer Immobilienfinanzierung essentiell. Die ausführliche Abfrage der aktuellen wie geplanten persönlichen und finanziellen Lebenssituation ist hierbei unerlässlich. Vor diesem Hintergrund verwundert es, dass in einem Drittel aller Fälle familiäre Zukunftspläne, wie beispielsweise ein Kinderwunsch, nicht berücksichtigt wurden. Dabei bringt dies auch für die Finanzsituation große Veränderungen mit sich. Auch auf die Risiken steigender Zinsen nach Ende der ersten Zinsbindungsfrist und einem damit einhergehenden höheren Finanzierungsaufwand wurde in 40 Prozent aller Gespräche nicht hingewiesen.

Von einer ausführlichen Bedarfsermittlung, auf deren Grundlage eine individuelle Beratung möglich war, profitierten Kunden hingegen bei der Commerzbank. Das Institut überzeugte mit der besten Beratungsqualität vor Ort und ging so auch insgesamt als Sieger aus der Studie hervor. Bei der Bearbeitung von E-Mail-Anfragen muss das Institut jedoch – ebenso wie seine Mitbewerber – deutlich nachbessern. Für Baufinanzierungsanfragen stellte sich der Kontaktkanal als größte Schwachstelle der getesteten Unternehmen heraus. Die Institute antworteten zwar schnell auf etwaige E-Mail-Anfragen, jedoch nur auf eine von insgesamt 40 E-Mails vollständig. Verschenktes Potenzial, denn ein positiver Erstkontakt via E-Mail erhöht die Wahrscheinlichkeit, einen persönlichen Beratungstermin wahrnehmen zu wollen.

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