Nachhaltige Banken:
Realität vs. Kundensicht

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„Wie hast du’s mit der Nachhaltigkeit?“ Die Gret(a)chenfrage des 21. Jahrhunderts bestimmt immer häufiger die strategische Orientierung von Unternehmen. Während sich gesellschaftlich verantwortungsvolle Unternehmen stetig ökologischer ausrichten, missbrauchen andere den Begriff Nachhaltigkeit als Marketingwerkzeug. Eine Branche, die lange Zeit eher für kurzfristig angelegte Strategien bekannt war, ist die Bankenbranche. Wie halten es die Institute heutzutage mit Umweltbewusstsein und Klimaschutz? Und wie schätzen ihre Kunden das Verhalten der Banken ein? Im Auftrag von €uro am Sonntag ist das SWI dieser Frage nachgegangen.


Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts stellt Anfang des Jahres höchstrichterlich klar, was vielen Menschen (vor allem jungen) schon länger bewusst ist. Dass es nicht rechtens ist, in dem Maße auf Kosten zukünftiger Generation zu leben, wie wir es derzeit praktizieren.

Leider wurde der Begriff der Nachhaltigkeit, der dazu geeignet ist dieses Verhalten anzuprangern, in den letzten Jahren immer stärker verwischt. Mehr und mehr Bedeutungen wurden hinzugefügt, damit auch jeder von sich behaupten konnte, nachhaltig zu sein.

Die Zeit ist gekommen, das übliches Stakkato von nichtssagenden Slogans und inhaltsleeren Zielvorgaben zu beenden und damit anzufangen, dass die Unternehmen ihrer zentralen Rolle in der Gesellschaft gerecht werden. Es ist Zeit den Begriff der Nachhaltigkeit wieder zu seiner Umweltbezogenheit zurückzuführen und sich der Verantwortung gegenüber dem kommenden Klimawandel zu stellen.

Banken als Motor für Veränderung

Das Beziehen von Kapital auf schnellem und unbürokratischem Weg über Investitionen von Privatanlegern ist das Herzstück unseres Wirtschaftssystems und der Motor für Wachstum und Fortschritt von Unternehmen. Je mehr in nachhaltige Unternehmen investiert wird, desto schwieriger wird es für umweltschädliche Firmen an frisches Kapital zu kommen. Das Wachstum dieser Unternehmen wird so erheblich ausgebremst. Nachhaltige Unternehmen bekommen einen kompetitiven Vorteil.

Bankinstitute beeinflussen mit strategischen Entscheidungen zu Investitionen, Kreditvergaben und angebotenen Fonds maßgeblich in Richtung welcher Unternehmen Gelder fließen. Man kann gar nicht genug betonen, wie groß der Einfluss der Banken auf die Entwicklung von Nachhaltigkeit in unserem Wirtschaftssystem ist.

Das Ziel des SWI und des Finanzmagazins €uro am Sonntag war es deswegen zu prüfen, inwieweit die Institute in Deutschland ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht werden. Wie viel Umweltbewusstsein, wie viel Klimaschutz steckt in deutschen Banken? Als Experten für Kundenbeziehungen hat uns zudem interessiert: Wie kommen die Bemühungen zur Nachhaltigeit bei den Kunden an? Ist eine nachhaltige Ausrichtung tatsächlich nur ein Marketingwerkzeug für viele Institute?

Breitgefächerte Datenlage

Ziel der Studie war es ein möglichst ganzheitliches Bild von Nachhaltigkeit zu zeichnen. Hierzu wurde verschiedene Datenquellen zu Rate gezogen. Erstens sind Banken Unternehmen einer solchen Größenordnung, dass ihr Geschäftsbetrieb sie zu einem bedeutenden C02-Emittenten machen. Zweitens haben strategische Entscheidungen und Ausrichtungen in der Kreditvergabepolitik ein wahrscheinlich sogar größeren Einfluss, wenn auch auf indirektem Wege. Zielke Research Consult prüfte in der Studie „Spotlight CSR Kreditinstitute 2019“ Banken in Deutschland unter anderem auf diese beiden Aspekte. Die Teile von Dr. Zielkes Untersuchung, die den Geschäftsbetrieb und die Kreditvergabepolitik der Institute bewertete, wurden für die Studie des SWI genutzt.

Ein weiterer Faktor für die Einflussnahme von Bankinstituten liegt in den Fonds, die von ihnen angeboten werden. Der Finanzenverlag, in dem €uro am Sonntag erscheint, hat die ökologische Nachhaltigkeit von Aktienfonds bewertet. Das sogenannte Eco-Rating ordnet jedem Fonds ein Rating von A (sehr nachhaltig) bis E (überhaupt nicht nachhaltig) zu. Das SWI bewertete bei jeder Bank, für die von Dr. Zielke Daten vorlagen, diejenigen Fonds, die der Bank oder ihrer zugehörigen Bankengruppe zugeordnet werden konnte. Hierbei wurden zwei Aspekte berücksichtigt: Die durchschnittliche Nachhaltigkeit der Fonds und das Angebot an nachhaltigen Fonds.

Für die Betrachtung der Kundensicht zu dem Thema wurden fast 90.000 Fragebögen von Bankkunden aus ganz Deutschland ausgewertet. Auf diese Weise wurden folgende Aspekte abgefragt:

  • Zufriedenheit mit Umweltbewusstsein und Klimaschutz der Bank
  • Zufriedenheit mit dem Angebot an nachhaltigen Produkten der Bank
  • Zufriedenheit mit gesellschaftlicher Verantwortung & sozialem Engagement der Bank
  • Vertrauen, das die Kunden in ihre Bank haben – im Verhältnis zum Vertrauen in die Bankenbranche im Allgemeinen

GLS Bank, das nachhaltigste Institut

Bestplatzierte Bank ist die GLS Gemeinschaftsbank. In den eigenen Geschäftsberichte sind die strategischen Ziele und weit überdurchschnittlichen Bemühungen des Instituts für eine langfristige, umweltfreundliche Ausrichtung transparent und ausführlich dargelegt. Aber nicht nur hier setzt sich die GLS von den anderen Teilnehmern ab. Auch die Fonds des Instituts sind besonders nachhaltig. Beide sind vom €uro Magazin mit dem bestmöglichen A-Rating versehen.

Platz zwei belegt die Hamburger Sparkasse (Haspa). Über das Wertpapierhaus der Sparkassenfinanzgruppe, der DekaBank, bieten alle Sparkassen Fonds an, die mit zu den nachhaltigsten in der Studie gehören. Sie geben den eigenen Kunden eine große Auswahl an umweltfreundlichen Investitionsmöglichkeiten. Und auch bei der Betrachtung der Geschäftsberichte landet die Haspa weit vorne. Von Dr. Zielke wird das Institut ausdrücklich für die „sehr strukturierte Dokumentation und Darstellung der konkreten Maßnahmen“ zur Reduzierung der CO2-Emissionen gelobt. Hierbei eingeschlossen ist das transparente Ausweisen aller Emissionen nach international anerkannter Klassifizierung und Verfahren.

Auf dem dritten Rang landete die Deutsche Kreditbank (DKB). Bei der Betrachtung der Geschäftsberichte glänzte die DKB besonders durch die Eigenproduktion von Strom über Photovoltaikanlagen und den Bezug von 100% Ökostrom. Etwas schwächer bewertet wurde die Kreditvergabepolitik. Zwar sticht sie durch den Bezug zu den Sustainable Development Goals der UN, sowie die Betonung der Relevanz der Wertschöpfungskette heraus, sie geht aber nicht konkreter auf Prozesse zur Überprüfung ein. Fonds konnten der DKB insgesamt nur drei zugeordnet werden, davon sind aber zwei mit einem A-Rating versehen. Hinzukommt noch der DKB Nachhaltigkeitsfonds Europa AL, der trotz seines Namens nur mit einem C-Rating bedacht ist.

Blick auf die Branche: mehr schlecht als recht

Insgesamt zeichnet sich ein gespaltenes Bild der Bankenbranche. Während die meisten Institute mittlerweile die Strukturen bereitstellen, um eine nachhaltige Ausrichtung voranzutreiben, hapert es oft genau dort, wo es über kleinere Einschnitte hinausgeht. Das Gros der Unternehmen implementiert zwar konkrete Maßnahmen zur Reduzierung ihres eigenen CO2-Ausstoßes, indem sie z. B. Ökostrom beziehen, aber nur sehr wenige Institute setzten nachhaltige Strategien mit konkreten Kennzahlen in ihrer Kreditvergabepolitik ein. Die Fonds der Banken zeichnen ein ähnliches Bild: Einige Banken, gerade die Sparkassen, bieten eine großzügige Auswahl an nachhaltigen Investitionsmöglichkeiten. Die meisten der angebotenen Fonds sind jedoch weiterhin wenig bis überhaupt nicht nachhaltig.

Große Unterschiede zwischen Kundensicht und Realität

Die Auswertung der Kundenbefragung zum Thema Nachhaltigkeit förderte ein teilweise völlig unterschiedliches Bild zu Tage. Die größten Diskrepanzen zwischen Kundenwahrnehmung und Testergebnissen finden sich bei regionalen Banken. So fällt auf, dass die Sparkassen in der Bewertung der Nachhaltigkeit über Fonds und Geschäftsberichte auf einem hervorragenden zweiten Platz landen, aber von ihren Kunden überhaupt nicht als umweltfreundlich wahrgenommen werden (Platz 16 von 16). Gegenteilig verhält es sich bei den Sparda-Banken, die von ihren Kunden ein „sehr gut“ ausgestellt bekommen. In der Betrachtung der Geschäftsberichte und der Fonds schneidet die Bankengruppe hingegen deutlich schlechter ab.

Es fällt zudem auf, dass die Banken mit den meisten eigenen nachhaltigen Fonds – die Sparkassen sowie die Deutsche Bank – in der Kundenbefragung das schlechteste Zeugnis für „Zufriedenheit mit nachhaltigen Produkten“ bekamen. Eine Erklärung für diesen Unterschied könnte darin liegen, dass Kunden nicht unterscheiden, ob die ihnen angebotenen Fonds von ihrer Bank selbst oder von einem Drittanbieter verwaltet werden.

Einen möglichen Erklärungansatz für die Unterschiede zwischen der subjektiven Kundensicht und den faktenbasierten Testergebnissen liefert die am Anfang dieses Artikels postulierte Dichotomie, dass sich Unternehmen entweder ökologisch ausrichten oder Nachhaltigkeit als Marketingwerkzeug nutzen. Würde sich diese Erklärung bewahrheiten, so wäre die Erkenntnis eine ernüchternde: Worte wiegen (noch) schwerer als Taten.

Mehr Informationen? Jetzt Studie bei SWI bestellen.

Falls Sie Fragen oder Interesse an der gesamten Studie haben, kontaktieren Sie gerne den Studienleiter Tim Härle per Mail. Die Studie ist für eine Schutzgebühr in Höhe von 350 Euro (netto) erhältlich.

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