Die Vertriebsfalle

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Defizitäre E-Mail-Bearbeitung in regionalen Vertriebsstrukturen.

Als Experten für Kundenorientierung analysieren die Berater des S.W.I. regelmäßig den Service unterschiedlichster Branchen und bewerten die Qualität verschiedener Kontaktkanäle. Insbesondere die Bearbeitung von E-Mail-Anfragen ist dabei häufig nicht zufriedenstellend. Deutlicher Handlungsbedarf besteht zumeist bei kleineren oder vorwiegend regional agierenden Anbietern.

Bundesweit aktive Großkonzerne schneiden an dieser Stelle tendenziell besser ab. Besonders augenfällig tritt dieses Phänomen bei Finanzdienstleistern, Banken und Versicherern zutage, ist in der einen oder anderen Form aber auch bei anderen Branchen zu beobachten: Während einerseits speziell geschulte Mitarbeiter in dezidierten Servicecentern die E-Mail-Bearbeitung verantworten, werden Anfragen andererseits direkt an die Mitarbeiter vor Ort weitergegeben.

Grundsätzlich müsste dies kein Fehler sein. In vielen Fällen sind die Verantwortlichen jedoch nicht auf eine entsprechende Anfrage vorbereitet. Dabei ist häufig festzustellen, dass gerade regionale Strukturen stark auf den Vertrieb hauseigener Produkte ausgerichtet sind. Reine Serviceanfragen haben dabei eine nachrangige Bedeutung. Vor diesem Hintergrund verstehen sich auch die Mitarbeiter weniger als echte Kundenberater sondern primär als Verkäufer. Undifferenzierte Provisionsmodelle und interner Verkaufsdruck verstärken dieses Phänomen.

Die Folge sind unmotivierte, oberflächliche Antworten oder eine unverhältnismäßige Abschlussorientierung. Diese zeigt sich, wenn anstelle kurzer Antworten umfangreiche Angebote verschickt oder unmittelbar persönliche Beratungstermine vorgeschlagen werden – häufig mit dem Hinweis, die jeweilige Frage, sei für eine E-Mail zu kompliziert. Populär ist zudem ein unmittelbarer Wechsel des Kontaktkanals, beispielsweise durch telefonisches Nachfassen der Berater.

Dass insbesondere in diesem vertriebsorientierten Umfeld ein persönliches Gespräch der vergleichsweise anonymen Kommunikation via E-Mails vorgezogen wird, ist verständlich, gleichzeitig muss man sich aber fragen, ob diese Vorgehensweise zielführend ist. Eröffnet der Kunde den Dialog via E-Mail, ist damit auch eine Entscheidung über seinen präferierten Kontaktkanal verbunden. Diese Entscheidung sollte von einem Berater respektiert werden – auch wenn zuvor die telefonischen Verbindungsdaten über ein Kontaktformular abgefragt wurden. Eine falsch verstandene Verkaufsorientierung kann unter diesen Umständen erheblichen Schaden anrichten und potenzielle Kunden nachhaltig verschrecken.

Aufgelöst wird dieses Dilemma beispielsweise durch eine strukturelle Trennung von Vertrieb und Kundenservice. Ob eine derartige Aufgabenverteilung jedoch praktikabel ist, hängt neben dem Budget vor allem von Aufkommen, Regelmäßigkeit und Komplexität entsprechender E-Mail-Anfragen ab.

Aber auch aus anderen Gründen kann es für Unternehmen mit regionalen Vertriebsstrukturen durchaus sinnvoll sein, auch weiterhin auf die Mitarbeiter vor Ort zu vertrauen. Aus dem täglichen Kundenkontakt verfügen diese über ausgezeichnete Einblicke in die Bedürfnisse ihrer Kunden und ein vertieftes Wissen über die angebotenen Produkte. In solchen Fällen ist es jedoch entscheidend durch Schulungen und verbindliche Richtlinien den Inhalt und die äußere Form der Antworten kundenorientiert zu gestalten sowie mittels regelmäßiger Evaluierung einen hohen Qualitätsstandard nachhaltig zu sichern.

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